Wo der Arabische Frühling 2011 begann, leben heute Schmuggler und Terroristen. Viele der einstigen Revolutionäre wollen nur noch eins: weg.
Die Terroristen kamen an Silvester und blieben sie bis zum Morgen. Der alte Bauer lächelt scheu als er von der Begegnung berichtet. Vor dem weißgetünchten Haus spielen seine Kinder, zwei gefleckte Katzen dösen träge in der Sonne, während die Frauen den Haushalt der kleinen Farm im Westen der tunesischen Provinz Kasserine besorgen. Keine Straße führt hierher, Besucher müssen zu Fuß durch ein lehmiges Wadi steigen. Ein angeleinter Esel guckt neugierig zu.
600 Dinar boten die Aufständischen dem Bauern. Lediglich etwas Vieh wollten sie dafür, berichtet er. So eine Gelegenheit bietet sich einem Mann wie ihm selten; da habe er die Vermummten aus lauter Verlegenheit und Angst gleich noch zum Essen eingeladen. Noch heute ist der verbrannte Fleck Erde zu sehen, an dem sie ein Feuer errichteten und die Neujahrsnacht gemeinsam verbrachten.
Es ist kein Zufall, dass die Geschichte von den großzügigen Terroristen rasch die Runde machte. 600 Dinar sind umgerechnet 250 Euro. Viel Geld in einer Gegend, die zu den ärmsten des nordafrikanischen Landes zählt und die auf eine lange Geschichte wirtschaftlicher und politischer Verwerfungen zurückblickt. Hier, im Nordwesten des Landes, nur wenige Kilometer von der Grenze zu Algerien entfernt, ist Tunis weit weg.