Albanien nimmt immer wieder Menschen auf, die in den USA und Europa unerwünscht sind. Nun sollen Zehntausende Geflüchtete in Lagern interniert werden. Es regt sich Widerstand in dem Land, dessen Jugend selbst auswandert.
Früher Vormittag in Shengjin. Graue Winterwolken hängen über dem verschlafenen Küstenstädtchen an der albanischen Adria. Im Café des Hotels Triho, gegenüber dem kleinen Hafen, wärmen sich die Fischer von Shengjin bei Raki und Espresso Macchiato auf. Neben mir sitzt Aleksander Marku und redet sich in Rage.
Wenn man die Leute fragt, sind alle gegen dieses Abkommen. Wenn die Migranten legal einreisen würden, um zu arbeiten, wäre das kein Problem. Aber so viele Menschen in einem Lager zu isolieren, das ist etwas anderes.
Der kräftige Mittfünfziger dreht sich um, blickt zu den anderen Tischen und bellt eine Frage in den Raum.
Was denkt ihr, sollen die Afrikaner zu uns kommen?
Ein Mann — Jogginganzug, Dreitagebart, eine brennende Zigarette in der Hand — lehnt mürrisch ab. Marku ruft noch einmal, lauter. Jetzt bekommt er die verlangten Antworten.
Glaubst du, die Afrikaner sollten zu uns kommen? Nein. Nein. Nein. Nein. Viermal nein. Sechs, sieben. Okay? Und es ist erst 9 Uhr morgens. Noch zwei Drinks mehr und dann sind wirklich alle hier dagegen.
Shengjin ist eine Küstenstadt mit wenigen tausend Einwohnern und eines der touristischen Zentren im Norden Albaniens. Die einzige Straße durch den Ort führt vorbei an zehnstöckigen Hotels, einem verfallenen Stripclub, einer Metzgerei und vielen kleinen Cafés. Die Menschen hier leben vom Fischfang, von den Touristen aus dem nahen Kosovo und dem Geld, das Verwandte überweisen, die im Ausland Arbeit gefunden haben. Shengjin ist kein Ort, der Schlagzeilen macht. Eigentlich.
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