Die ehemalige Miss Jordanien, Lara Abdallat, will den Terroristen des IS digital das Handwerk legen. Die aus dem Umfeld von Anonymous stammende Hackerin geht dafür eine ungewöhnliche Allianz ein.
Man meint zu wissen, dass Schönheitsköniginnen nicht in den Krieg ziehen. Auch wenn Weltfrieden einem Klischee folgend ganz oben auf dem Wunschzettel der Landesschönsten steht, erwartet niemand, dass sie dieses Ziel jenseits von Spenden für das örtliche Tierheim auch verfolgen. Wer Lara Abdallat trifft, der ändert seine Meinung. Denn die frühere jordanische Schönheitskönigin hat einer der ruchlosesten Terrorgruppen der Neuzeit den Krieg erklärt. Lara attackiert den Islamischen Staat (IS).
Eine Lounge irgendwo in der jordanischen Hauptstadt Amman. Cremefarbene Couches im Dämmerlicht, Fernseher zeigen stumm ein Fußballspiel. Im Hintergrund stimmt Phil Collins eine dieser Schmonzetten an, die so mühelos wie zielsicher ihren Weg ins Ohr finden. Man gibt sich westlich. Dann eine Erscheinung, Köpfe drehen sich: Lara Abdallat ist hier, der Ort für das Interview war ihre Wahl. Viele Wochen gingen dem Treffen voraus, noch mehr Nachrichten, einige Telefonate. So ein Hin und Her ist unausweichlich, wenn man tut, was Lara tut.
Die Hackerin ist so elegant wie misstrauisch. Lange Beine sind in eine Hose aus überraschend dezentem Schlangenlederimitat gehüllt. Die Absätze sind für jordanische Verhältnisse unerhört hoch, der Lipgloss glüht im Halbdunkel. Sie ist herzlich, kümmert und erkundigt und entschuldigt sich und berührt dabei wie unabsichtlich den Oberarm ihres Gesprächspartners, nennt ihn stets my dear und sagt auf einmal Sätze wie: „Anonymous ist für mich wie Familie.“ Man meint dann, sich verhört zu haben.