30 Jahre nach dem Ersten Golf-Krieg ist die Erinnerung an die Opfer eine Mischung aus stiller Trauer und schrillem Spektakel. An der Grenze zum Irak gedenken Hunderttausende Iraner alten und neuen Märtyrern.
Verschwunden ist das grelle, alle Kontraste schluckende Mittagslicht. Die Sonne des frühen Abends verleiht der Wüstenlandschaft einen Glanz von Ocker. Je länger die Schatten werden, desto mehr Leben kommt in die Pilger. Hier in Shalamcheh gedenken jedes Jahr Hunderttausende Iraner der Gefallenen des Ersten Golfkriegs. Der Krieg mit dem Nachbarland Irak kostete zwischen 1980 und 1988 Millionen Menschen das Leben und prägt Iran bis heute.
Die Züge der Rahian-e Noor, der Reisenden des Lichts, sind ein irgendwo zwischen Vergangenheitsbewältigung, Kriegstourismus und Staatspropaganda oszillierendes Spektakel. Heilige Erde, goldene Erde: Ehrfürchtig sprechen die Angereisten über den kargen Boden im Westen der iranischen Provinz Khuzestan. Wer es besonders ernst meint, betritt ihn nur Barfuß. Es ist Sand, gesättigt vom Blut Hunderttausender Soldaten und Zivilisten, zerrieben im jahrelangen Stellungskrieg mit Saddam Husseins Irak.
Heute, 30 Jahre nach einem von den Vereinten Nationen vermittelten Friedensabkommen, ist das frühere Schlachtfeld ein Freilichtmuseum. Panzerwracks, Stacheldraht, Wachtürme, Schützengräben und Minenfelder sind sorgfältig auf dem rund einem Quadratkilometer großen Gelände an der irakischen Grenze kuratiert. Es sind die Reliquien eines großen Gemetzels, das als “heilige Verteidigung” in die Geschichte Irans eingegangen ist.